Vom kleinen Glück

Das kleine Glück. Gar nicht so einfach zu finden, aber seit Dezember hatte ich immer wieder glücklich und fasziniert den Geschichten von Heike Haas auf Instagram gelauscht. Heike hat über ein Jahr hinweg gezeichnet, gebastelt, gedichtet und am Ende die kleinen Geschichten und Gedichte vorgelesen. Es ging immer um kleine alltägliche, jedoch trotzdem besondere Dinge. Die meisten Geschichten hatten liebevolle Hauptdarsteller und nicht nur liebevoll im Sinne der Gestaltung, sondern auch in deren Verhalten. Durch diese Geschichten wurde die (meine) Welt für ein paar Minuten ein klein wenig besser und bunter (ein paar Geschichten sind noch in den Story-Highlights online: http://www.instagram.com/waschatelier).

In den letzten Tagen und Wochen treibt mich das Thema Verhalten, Anstand, Respekt und Selbstverständlichkeiten immer wieder und stärker um. Alles fing damit an, dass in der Arbeit an unserer Küchentür der automatische Schließer entfernt wurde, da die Tür durch diesen immer zuknallte und er sie nicht wie er sollte sanft ins Schloss gleiten ließ :-). Seitdem schafft es nun aber leider keiner der Kollegen (trotz wunderbar selbstgemaltem Bild) die Türe von innen oder von außen zu schließen.
Einerseits frage ich mich, wie es die Kollegen womöglich zuhause halten und andererseits ob ich hier übersensibel reagiere, da mich (ich sitze nahe der Küche) der Lärmpegel oft in meiner Konzentration stört. Nun habe ich zwei Möglichkeiten: Entweder MEINE Tür schließen und mich und meinen Kollegen im Zimmer völlig abschotten oder aber dauerhaft und bestimmt den Leuten nahezulegen diese Türe doch bitte zu schließen und dabei dann ständig das Gefühl vermittelt zu bekommen, kleinlich, pingelig und nervig zu sein. Die Reaktion ist dann nämlich oft folgende: ‚Ach jaaaa, stimmt ja….die Tür…‘ Augenverdrehen (das darf natürlich nicht fehlen :-)).

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Und hier schließt sich meines Erachtens der Kreis zu Anstand und Respekt und wirft mir die Frage auf, ob meine Konzentration weniger wert ist, als die Faulheit oder Unbedarftheit mancher Mitmenschen? Am Ende ist es ja wirklich nur eine Kleinigkeit und amüsiert mich ja selbst bis zu einem gewissen Maß. Und sollte ich mal viel Zeit haben werde ich ein Buch über ‚Meine Mitmenschen und die Küchentür‘ schreiben ;-). Aber worauf ich hinaus will ist etwas anderes. Es lässt sich wie ich finde schon von mir und dieser Situation ein wenig auf die Gesellschaft und das immer ruppigere Miteinander in der heutigen Zeit schließen.

Ich habe den Ruf ‚unkompliziert‘ zu sein und ich habe das eigentlich immer als äußerst positive Eigenschaft gesehen. Bei unkompliziert läuft man allerdings sehr schnell Gefahr, nicht ernst genommen zu werden oder noch schlimmer ausgenutzt zu werden. Seitdem ich nun kreativ bin und durchaus Dinge gestalte die nicht nur mir sondern auch anderen gefallen, höre ich immer öfter ‚Kannst Du nicht mal..?‘ am besten mit dem Zusatz ’schnell…?‘. Und ja, natürlich kann ich. Sehr gern sogar. Aber ein Bitte wäre manchmal wünschenswert. Oder auch eine Wertschätzung, dass das was man tut eben nicht ‚mal schnell‘ passiert. Weil ich es mir 1. mit viel Zeit und Mühe angeeignet habe 2. auch Material und die Stifte ihren Preis haben und 3. schnell einfach mal gar nichts geht. Schon gar nicht kreativ sein.

Ich komme in der Hinsicht SEHR nach meinen Eltern. Mit uns kann man vieles machen und wir sind meistens auch für echt jeden Schmarrn zu haben. Nur haben wir auch die Eigenschaft, dass wir leider nicht dem Gegenüber zu gegebener Zeit die Stirn bieten und auch mal klarzustellen, dass das eben nicht selbstverständlich ist. Und was ich darüber hinaus feststelle. Ich ärgere mich über eine Person, eine bestimmte Situation und mache den Mund nicht auf und bei anderer Gelegenheit übertrage ich diesen Ärger dann auf jemanden der überhaupt nichts dafür kann und der es auch einfach in dem Moment nicht verdient hat.

Es gibt für mich 2 Dinge die ich ÜBERHAUPT nicht leiden kann:

  1. Wie Du mir, so ich Dir (im Sinne von ‚der ist doof, also bin ich auch doof‘)
  2. Andere machen das aber auch, also mach ich das genauso bzw. darf ich das auch

Ich will mich dem verweigern und ertappe mich trotzdem selbst zu oft dabei, dass ich diese Gedanken im Kopf habe.

In meiner BodyBalance Stunde gibt es am Ende immer eine Entspannung. Das ist der Moment in dem ich meinen Teilnehmern etwas gutes, positives mit auf den Weg geben möchte. Lange habe ich dort Dinge gesagt wie: ‚Sei jetzt ganz bei Dir‘, ‚Denke an Dich‘, ‚Fokussiere Dich nur auf Dich‘. Und je rücksichtsloser und egoistischer die Gesellschaft wird, desto schwerer tue ich mich damit, diese Sätze auszusprechen. Ja. Meine Teilnehmer sollen sich auf sich fokussieren, aber noch wichtiger ist doch in der heutigen Zeit auch darüber nachzudenken und auch zu fühlen, welche Auswirkungen ich und mein Verhalten auf andere habe/hat.

Kleines Glück. Das bedeutet für mich Menschen, die nicht nur an sich denken. Die auch mal über den Tellerrand hinaus schauen. Die FÜHLEN, was das Gegenüber gerade braucht und am Ende diese Bedürfnisse ernst nehmen und nicht ins Lächerliche ziehen. Denn Gefühle zu erwidern ist schwerer als diese zu belächeln oder schlichtweg zu ignorieren.

Wir können uns da alle an die Nase fassen. Ich oft genug selbst.

Ich wünsche uns allen ein bisschen mehr Rücksicht, Miteinander und Mitgefühl. Etwas mehr kleines Glück. Seid mutig. Seid stark. Seid….kleinlich. Auch dann, wenn gerade keiner hinsieht.

Eure Tanja

5 Gedanken zu “Vom kleinen Glück

  1. Ohhh Tanja, welch tolle und wahren Worte die mir aus der Seele und dem Herzen sprechen. Das Gefühl kenne ich sehr gut, auch oft als „Sonnenschein“ oder „Everybodys Darling“ zu sein und wenn es dann mal nicht so ist, Zack Stempel drauf und mit einem schnippischen Ton „was bist denn heut so zickig…“? Nein, auch ich hab mal schlechte Tage und Grenzen und muss es nicht immer allen recht machen. Schöne Zeilen die ich gerne in meine Zeit für mich einbaue und darüber nachdenken werde! Vielen Dank Dir dafür.
    Mit ein bisschen Rücksicht und Verständnis und der Frage „will ich denn so behandelt werden?“ wäre es durchaus leichter…. gerade in der heutigen Zeit.
    Einen tollen Sonntag Dir und viele Grüße, Sabine (Alias: Binifiechi ;-))

    1. Ich habe ja ERNSTHAFT überlegt, ob ‚man das denn so schreiben kann‘ ohne auch gleich als meckernde, nörgelnde Ziege dazustehen…aber hey. Das musste einfach mal raus. Quasi #nurmut :-). Danke für die lieben Worte!!!

  2. Oh ja, da bin ich komplett bei dir. Für mich ist das höchste der Respektlosigkeit, ja, jetzt Achtung: Pfeifen. Ich mag es überhaupt nicht wenn jemand wie ein Vogel durch die Gegend zwitschert. Ganz schlimm finde ich es in der Bahn. Dort muss ich schon an Gesprächen teilhaben die ich nicht hören will, mir das Piepen und das Gedudel von 56 Smartphones in einem Wagen anhören und dann, dazwischen, pfeift doch jemand, mehr schlecht als recht, irgendeine Melodie, die mich dann den Rest des Tage verfolgt. Schön, dass dieser Jemand gute Laune hat und diese teilen will, aber vielleicht habe ich keine Gute Laune heute. Vielleicht ist meine Katze gestorben oder ich fahre gerade zu einem Ziel, wo ich lieber nicht hin mag….und nein, dann heitert mich die Pfeiferei nicht auf, im Gegenteil. Wenn ich was nicht sehen will kann ich die Augen schliessen, aber jetzt sitzt mal in den Zug und halte dir die Ohren zu 😉 In diesem Sinne wünsche ich dir viel Erfolg beim Küchentür-Kampf. Ich würde das Schild von Woche zu Woche grösser malen und alles damit vollpflastern, denn bei einer Küche hast ja nicht nur das Lärmproblemchen sondern auch noch den Gestank – yummie! Hoffen wir mal, dass es heute, Freitag, keinen Fisch gibt 😉 Liebe Grüsse und halte durch !

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